Hinweis:
Ich beschränke mich in dieser Chronologie auf die sachlichen Inhalte der Abläufe, in aller Kürze. Eine ausführliche Beschreibung ist im Buch zu finden, welches in der Entstehung ist. Gespannt?
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Januar 2016
Bereits im Januar erhielt ich die Kostengutsprache für die Hilfsmittel, welche vorgängig mit der Firma Active Communication abgeklärt und von SAHB bestätigt wurden. Die Installation erfolgte noch im gleichen Monat.  

In der Zeit zeigten sich erste einschränkende Veränderungen. Die beeinträchtigte Feinmotorik und einsetzender Kraftverlust in Händen und Fingern erschwerte die Arbeit in diversen Alltagstätigkeiten, so auch beim Wickeln und Anziehen von Melissa. Beim Anziehen ergaben sich erste Schwierigkeiten mit der Handhabung von Knöpfen, Reisverschlüssen oder Schnürsenkeln. Das Mithelfen in der Küche reduzierte sich zunehmend, da das Hantieren mit Messern nicht mehr ganz ungefährlich war und das Öffnen von Dosen, Verpackungen etc. vermehrt eine Hilfestellung benötigte. Das selbständige Essen wurde anstrengender und ich musste situativ auf Hilfsmittel z.B.: Strohhalm oder spezielles Besteck oder Tricks zurückgreifen. 

Im Januar gab es eine Abklärung der Wohnsituation bei uns zuhause, mit einem Vertreter der SAHB (Fachvertreter der IV), einem Vertreter der FST (Umweltkontrolle) und einem, auf barrierefreien Umbauten spezialisierten, Architekten. Hierbei wurde festgestellt, dass die folgenden Anpassungen notwendig sind:
  • Umbau Dusche auf bodeneben
  • Wechsel vom Standard-WC auf Dusch-WC
  • Rampe zur Begehung der Terasse
  • Automatisierung der Haustüren
  • Umweltsteuerung für Storen, Licht und Türen

Es war anzunehmen, dass sich Leistungen der Krankenkasse häufen könnten. Auf Empfehlung der Ärztin beantragte ich bei meiner Krankenkasse eine Case Managerin, mit dem Hintergrund, dass anfallende Leistungsanträge gezielter behandelt werden könnten. 

Februar - März 2016
Mitte Februar hatte ich einen Termin im REHAB Basel für die Anprobe eines Hand- und eines Elektrorollstuhles. Darauffolgend stellte ich den Antrag an die IV, welche die Kostengutsprache mitte Juni erteilte. Der Handrollstuhl wurde bereits im April ausgeliefert, der Elektrorollstuhl folgte im November. 

In dieser Zeit begann die interessante Erfahrung und Wahrnehmung, dass sich Körper und Geist unterschiedlich entwickeln. Trotz der nun für mich wahrnehmbaren körperlichen Veränderungen, scherte sich mein Kopf nicht darum und verrichtete Business as usual, d.h. jede noch so kleine Anpassung in den Bewegungen, die ich nicht wahrnahm und einprägte, konnte mich früher oder später einholen. Neue Veränderungen hatten das Potential, beim ersten Auftreten unglücklich zu wirken. So ergab sich im April mein erster Sturz, beim Heruntersteigen vom dritten Tritt der Leiter, wo der Kopf sagte «jetzt gehen wir runter» und das eine Bein nichts davon mitbekam. Der daraus resultierende Sturz führte zu einer schmerzhaften Rippenprellung. Zu meinem Unglück trat der Schmerz bei zu vollem Bauch oder Lachen auf. Glücklicherweise war ich es vom Sport und Beruf gewohnt, auf Details zu achten und diese einzuprägen. Dies führte dazu, dass ich in den folgenden Jahren nur vereinzelt solch unliebsame Erfahrungen machen musste.

April 2016
Im April erhielten wir die Verfügung, dass die Umbauarbeiten in der Wohnung ausgeführt werden können .
Zusätzlich stellten wir auch den Antrag für den Fahrzeugumbau zur Beförderung von Rollstühlen an die IV. 

Mai 2016
Ein Zusatz für die Umbauarbeiten in der Wohnung betraf die Steuerung von Licht, Türen etc. Hierfür erhielt ich im Mai eine Kostengutsprache für die Abklärung der benötigten Umweltsteuerung.

Juni 2016
In diesem Monat wurde bereits der Fahrzeugumbau durch die IV freigegeben.
Ich musste beim Rasieren, Frisieren und Zähne putzen zunehmend auf unkonventionelle Handhabungen zurückgreifen. So hielt ich beispielsweise beim Nassrasieren den Rasierer mit beiden Händen, die Arme teilweise am Körper angelehnt, um dann mit Kombinationen aus Kopf- und/oder Armbewegungen zu rasieren.
Da mein Wunsch der Selbständigkeit gross und mein sportlicher Wettkampfgeist noch immer sehr ausgeprägt war, erschien mir das Ganze auch nicht umständlich, sondern ein praktischer Lösungsansatz.

Juli 2016
Die absehbar zunehmenden Hilfestellungen und damit verbundenen Mehraufwendungen für Daniela, ermutigten mich nun den Antrag auf Hilflosenentschädigung bei der IV zu stellen. Diese Anmeldung wurde von Daniela angeregt und stand schon eine Zeit lang im Raum, doch mein Bedürfnis auf Selbständigkeit schob diesen Antrag stets vor mir her.

August 2016
Im August wurde mir die Kostengutsprache für die Umweltsteuerung erteilt. Die Umsetzung wurde in der Planung des Wohnungsumbaues integriert. 

September 2016
Im September erhielten wir von der IV einen Bescheid zum gestellten Antrag für Hilflosenentschädigung. Der Antrag wurde in dem Sinne abgelehnt, dass die Hilflosigkeit wohl anerkannt ist, eine Leistung jedoch aufgrund der Karenzfrist erst per April 2017 erfolgen kann.

Oktober 2016
Mitte Oktober konnten die Umbauarbeiten in der Wohnung in Angriff genommen werden. Die ersten zwei Wochen waren eine laute und staubige Angelegenheit, mussten doch für den Umbau im Bad umfangreiche Spitzarbeiten gemacht werden. Die folgenden zwei Wochen gestalteten sich angenehmer, da nun die Installationen gemacht wurden und die Fliesen verlegt wurden. Um der Rutschgefahr vorzubeugen, wurde auf dem Boden eine spezielle Beschichtung aufgetragen. 

Der Umbau des Autos konnte im Oktober realisiert werden. Hierfür musste dieses für zwei Wochen in die Werkstatt gegeben werden. 

November 2016 
Ab November 2016 hatte sich die Situation soweit entwickelt, dass die Notwendigkeit von Assistenzunterstützung unumgänglich wurde, um eine Überlastung von Daniela zu vermeiden. Es gab kaum noch einen Bereich, der nicht in irgendeiner Form einen kreativen Lösungsansatz brauchte oder Unterstützung durch eine Person. So gestaltete sich beispielsweise das Zähneputzen mit der elektrischen Zahnbürste so, dass ich die Hand am Waschbeckenrand aufsetzen musste, um dann in gebückter Haltung mit Kopfbewegungen die Zähne zu putzen. Alle Tätigkeiten im Zusammenhang mit An- und Ausziehen, der Körperpflege, allgemeine Hausarbeiten oder handwerkliche Tätigkeiten waren aufgrund der schwindenden Muskelkraft weitestgehend nicht mehr möglich. Eine kurze Zeit hatte ich mich aufgerafft, wenigstens noch mit dem Staubsauger durch die Wohnung zu gehen, da die Beinkraft keine wesentlichen Einschränkungen aufwies und die Armkraft bei dieser Tätigkeit nur minimal nötig war. Ich musste jedoch nach spätestens 10 Minuten eine längere Pause einlegen, da der Nacken erschöpft war und somit der Kopf nur noch hing und schmerzte. Dies war in zweierlei Hinsicht ein erster Meilenstein. Zum einen war die Notwendigkeit von externer Hilfe in Form von Assistenzpersonen oder Spitex nicht mehr von der Hand zu weisen, zum Anderen begann für mich die spannende Zeit der Biomechanik. Für eine Person mit technischem Background, wie ich es bin, wurde es zunehmend spannender zu erkennen / zu erforschen, wie sich die funktionalen Abhängigkeiten im Körper ähneln, wie ich es aus den technischen Bereichen des Berufes kannte. Dies war für mich eine wichtige Erkenntnis, da ich in der Folge jegliche körperliche Problematiken analysieren und lösen konnte, wie ich es beruflich mit technischem Equipment tat.

Dezember 2016
Die Zeit von Weihnachten bis und mit Neujahr verbrachten wir bei den Schwiegereltern, da die Schwester und der Bruder von Daniela mit den Kindern auch da waren und Melissa so diese Zeit geniessen konnte. Wir hatten zuhause noch etwas vergessen, sodass ich nochmals alleine nach Hause ging, um es zu holen. Es sollte meine erste schmerzhafte Erfahrung mit der Krankheit werden. Es war eine meiner Eigenheiten, dass ich mich schnell bewegte und bei Richtungswechsel auf dem Fuss drehte und genau dieser Umstand führte zum ersten Sturz. Ich kam aus der Küche und bog in gewohnter Weise in den Korridor ein bzw. das war das, was ich machen wollte, denn der Kopf war schneller, als die Beine und so verlor ich in dieser Situation das Gleichgewicht. Es war auch die erste Erfahrung, dass der Körper sich in einer solchen Situation versteifte (Spastik) und ich weder mit den Armen, noch mit den Beinen in irgendeiner Form darauf reagieren konnte. Für mich persönlich interessant, war der Umstand, dass sich der Sturz wie in Zeitlupe anfühlte. Ich merkte, dass ich zu Fallen begann und realisierte auch, dass weder die Arme noch die Beine reagierten und ich sah, wie sich der Parkettboden näherte. Ich hätte auf die Nase fallen müssen, doch der Körper drehte sich noch zur Seite und ich landete auf der rechten Schulter, was den Aufprall mit dem Kopf auf den Boden dämpfte. Somit hatte sich wohl mein Falltraining, welches ich vor allem in meiner Jugend im Judo erlernte und dann später im Militär auffrischte, erstmals in einer Notsituation bewährt. Wie ich im Sport immer wieder darauf hinwies, Automatismen können in einer Stresssituation den Unterschied ausmachen. Der Sturz war erstaunlich wenig schmerzhaft und auch in der Folge waren so gut wie keine Schmerzen wahrzunehmen. Der ungebremste Schlag auf die Körperseite führte jedoch zu Atemnot. Hierbei zeigte sich meine rationale Seite wieder hilfreich. Mein Kopf blieb ruhig und die Analyse war schon in vollem Gange. Ich drehte mich auf den Rücken und behielt eine gestreckte Haltung (entspannt die Körperhaltung und unterstützt befreites Atmen). Trotz der Atemschwierigkeit, versuchte ich konzentriert ruhige und tiefe Atemzüge zu nehmen (krampflösend). Der Körper schien sich zu entspannen und das Atmen wurde wieder freier. Nun begann ich den Körper gedanklich zu scannen, ob irgendwelche Schmerzen spürbar sind und begann Arme und Beine langsam zu bewegen und zu schauen, ob noch alles so funktionierte, wie es sollte. Ich stand vorsichtig auf und ging zum Bad. 

Da die Beine noch etwas zitterig waren, ging ich nahe der Wand entlang, um mich bei Bedarf an der Wand abstützen zu können oder über die Wand kontrolliert in die Hocke gehen zu können. Als ich in den Spiegel sah, war ich etwas überrascht, denn ich hatte eine stark blutende Platzwunde unter dem rechten Auge, hatte jedoch keinerlei Schmerzen. Ich stoppte die Blutung und wusch mir danach das Gesicht. Ich trank noch kurz etwas und da die zittrigen Beine weg waren, setzte ich mich ins Auto und fuhr wieder zu den Schwiegereltern. Für mich persönlich stellte dieser erste Sturz keine grosse Sache dar, ausser einem ersten Erfahrungswert bezüglich des Körperverhaltens. Diese Auffassung teilten jedoch nicht alle mit mir. ​​​​​​​

Januar – März 2017
Die im Alltag wenigen möglichen Eigenleistungen hatten sich weiter reduziert. So war beispielsweise das selbständige Essen nur noch mit höchsten Anstrengungen und damit verbundenen Schweissausbrüchen möglich und in der Regel nach 10-20 Minuten nicht mehr erträglich. Ein selbständiges Aufstehen, wenn die Sitzfläche tiefer als die Knie lag oder ich auf dem Boden sass, war ohne Hilfestellung nicht mehr möglich. Aus diesem Grund hatten wir den Rotkreuz-Notruf angeschafft, für die Tage, an denen ich alleine unterwegs war.

Nach langer, sehr langer Überzeugungsarbeit durch Daniela, meiner Ärztin und der ALS Care Nurse konnte ich mich dazu durchringen, eine erste Version der Patientenverfügung auszufüllen und in Kopie bei meiner Ärztin und bei der ALS Care Nurse zu hinterlegen. ALS Schweiz hat eine ALS spezifische Patientenverfügungsvorlage und ich tat mich sehr schwer damit, mich in den verschiedenen Fällen für eine Vorgehensweise zu entscheiden, da für mich die meisten Fälle nicht greifbar waren. Wie sollte ich mich auf etwas festlegen, das ich heute nicht einschätzen konnte. Mit viel Zeitaufwand hatte ich alle Punkte beantwortet, mit dem Hintergrund, dass diese Verfügung jederzeit angepasst werden konnte und ich mit der Ärztin vereinbart hatte, dass dies bei den regelmässigen Untersuchungen angesprochen würde. So konnte ich sicherstellen, dass diese Verfügung präsent blieb und somit eine Aktualisierung sichergestellt war.

Beim Autofahren hatten sich die Einschränkungen bisher wenig bemerkbar gemacht, da weder Feinmotorik noch ausgiebige Armbewegungen notwendig waren. Jetzt nahm ich erste leichte Anstrengungen beim Fahren wahr und mir wurde klar, dass ich das Autofahren aus Sicherheitsgründen in absehbarer Zeit aufgeben musste.

Aus versicherungstechnischen Gründen hatte ich meine Ärztin bezüglich dem Thema Autofahren angesprochen und sie hatte mich für eine Fahrtüchtigkeitsprüfung beim Strassenverkehrsamt angemeldet. Die beim Strassenverkehrsamt durchgeführte Fahrtüchtigkeitsprüfung konnte problemlos bestätigt werden und ich erhielt eine offizielle Bescheinigung für ein Jahr.

April 2017
Aus Komfortgründen hatte ich das eigenständige Essen eingestellt, da die Umstände des angestrengten und schweissgebadeten Essens weder Spass noch Sinn machten.

Mai 2017
Wir hatten uns vorgenommen, möglichst viel auf Reisen zu gehen, bevor die krankheitsbedingten Einschränkungen das Reisen nicht mehr zulassen würden. Wann dieser Zeitpunkt kommen würde, war für uns nicht einschätzbar, da wir keine Ahnung hatten, inwiefern ein eingeschränktes selbständiges Gehen geschweige denn ein Hand- oder Elektrorollstuhl dies beeinflussen würden. Mit der Schwangerschaft und der Geburt von Melissa hatten wir unsere Reisetätigkeiten, nach der Hochzeitsreise, «regional» halten müssen. Nun stand uns eine neue Reiseerfahrung bevor. Obwohl der Fortschritt der Krankheit eigentlich den für mich gewohnten Reisen «ausserhalb der Zivilisation» widersprach, wollte ich wissen, wo denn nun die Grenzen effektiv gezogen würden. Wir hatten 2 Wochen Ferien auf Sulawesi in Indonesien gebucht, wovon 1 Woche in einem kleinen einfachen Taucherressort mit 7 Bungalows und die andere Woche Badeferien auf einer kleinen nahegelegenen Insel mit Bootstransfer stattfinden würden. Da wir nun mit Rollstuhl unterwegs waren, hatten wir entschieden, die Reise über ein Reisebüro zu buchen. Dies ermöglichte uns im Vorfeld, die Rollstuhltauglichkeit der Reiseroute und Zielorte weitestgehend zu klären. Zudem stand uns so ein Ansprechpartner zur Verfügung, der bei Schwierigkeiten jeglicher Art rund um die Uhr zur Verfügung stand. Da wir unsere 18monatige Melissa mit auf die Reise nahmen, begleitete uns Danielas Schwester, um die doppelte Betreuungsaufgabe abzudecken. Es waren wunderbare zwei Wochen, die uns aber auch aufgezeigt haben, wieviel Vorbereitung notwendig war und wie viele kleine Details zu berücksichtigen waren, wenn man mit einem Rollstuhl oder allgemein eingeschränkter Mobilität auf Reisen ging. Es zeigte aber auch, dass abenteuerliches Reisen, «abseits der Zivilisation» möglich war und «nur» durch die finanziellen Möglichkeiten und/oder der persönlichen Schmerzgrenze begrenzt wurde. Die detaillierten Erfahrungen und Tipps sind im Bereich Reisen zu finden.
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Juni 2017
Mit der nun veränderten Situation und entsprechenden Mehraufwendungen in der Unterstützung für mich, hatten wir uns entschieden, mit dem Assistenzmodell zu beginnen. Hierfür hatten wir als ersten Schritt den Antrag auf Assistenzbeiträge bei der IV eingereicht.
Nun war die einjährige Wartefrist für die Antragsstellung für die Hilflosenentschädigung abgelaufen und wir hatten das entsprechende Formular mit der Selbstdeklaration eingereicht. Die Verfügung für die Auszahlung einer Hilflosenentschädigung erhielt ich im im Februar 2018, mit rückwirkender Auszahlung ab April 2017.
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​​​​​​​August - September 2017
Aufgrund der diversen Therapien und dem erhöhten Zeitbedarf für die Morgenpflege war es schwierig geworden, das Stundensoll bei der Arbeit zu erreichen. Die Firma war äusserst entgegenkommend und hatte in keiner Weise diesen Umstand thematisiert. Dennoch schien es mir sinnvoll, das Pensum anzupassen, da auch der Know How Transfer und die Einarbeitung meiner Nachfolger auf gutem Wege war.

Das selbstständige Autofahren hatte einen Punkt erreicht, den ich persönlich nicht überschreiten wollte. Bis dahin konnte ich mit ruhigem Gewissen sagen, dass ich die Fahrsicherheit erfüllen konnte. Doch nun spürte ich, dass ich bei überraschenden Situationen nicht mehr zu 100% so reagieren konnte, wie ich mir dies vorstellte. Schweren Herzens entschied ich mich dazu, den Fahrausweis abzugeben.

Oktober 2017
In dieser Zeit hatte ich meinen ersten vierwöchigen Reha-Aufenthalt im REHAB Basel. Dieser diente dazu, einerseits therapeutische Möglichkeiten kennen zu lernen und auf der anderen Seite mögliche Hilfsmittel zu testen. Aus diesem Aufenthalt resultierte auch ein Rollator für das sichere Gehtraining.

November – Dezember 2017
Für Ende November erhielten wir zur Abklärung des Antrages für die Assistenzbeiträge einen Termin für einen Hausbesuch. An diesem wurde dann im Gespräch ein zugehöriger Fragebogen abgearbeitet, welcher dann den Umfang der Assistenzbeiträge definiert.

Die Bedienung des PC`s unterstützt durch die erhaltenen Hilfsmittel, hauptsächlich der Sprachsteuerung, wurde aufgrund der Veränderung der Aussprache zunehmend unzuverlässiger. Kurz zuvor konnte ich an der Rolli-Vision (Ausstellung zum Thema Barrierefreiheit im Paraplegikerzentrum Nottwil) eine Augensteuerung erfolgreich testen. Die Augensteuerung hatte mich überzeugt und stellte für mich die optimale Nachfolge zur Bedienung des PC`s dar und ich stellte im November, nach Besprechung mit einem Mitarbeiter der Active Communication einen entsprechenden Antrag an die IV.​​​​​​​

Den Abschluss dieses ereignisreichen Jahres bildete unsere Reise nach Australien, wo wir zuerst Perth und Umgebung zu Dritt erkundeten. Danach flogen wir an die Ostküste, um unsere gute Freundin in Sidney zu besuchen und mit ihr und ihrem Freund Neujahr im australischen Sommer zu feiern.​​​​​​​

Januar – März 2018
Nach Rückgabe des Fahrausweises musste mich Daniela jeweils zur Arbeit fahren und nachher wieder abholen. Die Verhältnismässigkeit vom Aufwand um zu arbeiten, gegenüber der Arbeit selbst, war für mich völlig aus dem Gleichgewicht geraten und ich hatte mich entschieden, per Ende 2017 die Arbeitsfähigkeit aufzuheben. Auf Wunsch meines Vorgesetzten blieb mein Anstellungsverhältnis bis Ende März 2018 aufrecht und ich arbeitete diese drei Monate im Homeoffice, zur Unterstützung meiner Nachfolger auf Abruf bereit.

Im Februar erhielten wir die Bestätigung bzw. den Umfang der zugesprochenen Assistenzbeiträge. Auf Assistenzbuero.ch hatten wir ein Inserat aufgeschaltet. Gleichzeitig startete auch der Einsatz der Spitex, welche zweimal pro Woche für die Morgenpflege zu uns kam. 

April 2018
Im April teilte die IV mit, dass die laufende IV Rentenzahlung per 01. Juni 2018 beginnen würde. Die rückwirkende IV Rente sei noch in Abklärung und würde zu einem späteren Zeitpunkt ausbezahlt, was dann erst im März 2019 erfolgte.  

Mai 2018
Anfang Jahr wurde ich angefragt, ob ich mit meinem Krankheitsbild in einer Quizsendung von SRF teilnehmen wolle, welche in den Sommerferien anstelle von «1 gegen 100» ausgestrahlt würde. Ich hatte mich dazu bereit erklärt und im Mai wurde die Sendung in den SRF Studios in Zürich aufgenommen. Diese Quizshow hiess «Ärzte gegen Internet» und ging im Wesentlichen darum, dass zwei Teams aufgrund diverser Hinweise versuchten, dass Krankheitsbild zu erraten. Ein Team bestand aus drei Ärzten, welche ihr Fachwissen und den Austausch untereinander als Hilfestellung hatten, dass andere Team bestand aus drei Personen ohne medizinischen Hintergrund, welche das Internet zur Hilfe nehmen durften.
Juni 2018​​​​​​​
Nachdem wir letztes Jahr erfolgreich einen Langstreckenflug mit Melissa problemlos machen konnten, hatten wir entschieden, dieses Jahr den Roadtrip in Kalifornien anzugehen.
Dies war nun unsere zweite Reise mit dem Handrollstuhl im Gepäck. Stehen oder kurze Strecken zu Fuss waren noch immer möglich, doch die Ausflüge in den Parks liessen sich ohne den fahrbaren Untersatz nicht bewältigen. 
Auf dieser Reise hat sich gezeigt, dass die USA mit einem Rollstuhl gut zu bereisen ist. Selbst in den Weiten des Wilden Westens waren die Gegebenheiten mehr oder weniger rollstuhlfreundlich. Einzig beim Besuch einer Geisterstadt wurden uns Grenzen der Mobilität aufgezeigt. 
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August 2018
Wenige Wochen nach unserem Roadtrip durch Kalifornien hiess es bereits wieder Koffer packen. In Locarno wurde von ALS Schweiz eine Ferienwoche für ALS Betroffene organisiert.

So wurden in der Klinik Santa Chiara Betten bereitgestellt, um die Betreuung über Nacht sicher zu stellen, für die Morgenpflege wurde die Spitex beigezogen und tagsüber halfen freiwillige Helfer, dort wo nötig. Für Teilnehmer, wie uns, welche keine Nachtbetreuung benötigten, gab es die Option Hotel.

Für uns war es die erste Teilnahme an einer ALS Ferienwoche. Vor uns lag eine spannende Woche mit Schifffahrt, der Insel Brissago, Besuch von Ascona oder einem der Highlights von Melissa, dem Besuch der Falconeria Locarno. Den krönenden Abschluss bildet jeweils der Besuch der Weinkellerei Delea.
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August 2018
Von unserer Ferienwoche in Locarno ging es direkt nach Genua. Wir hatten eine Mittelmeerkreuzfahrt gebucht, zusammen mit Danielas Schwester, ihrem Mann und ihren zwei Kindern. Nach dem Genuss des Fliegens durfte Melissa nun auch die Schifffahrt erleben.
Diese Reise war insofern speziell, dass wir am 28. August Melissas dritten Geburtstag mit einer - wie sollte es auch anders sein - grossen Schokoladentorte bestückt mit Smarties gebührend feiern konnten, mit den Kindern, um dann tags darauf auf meinen Geburtstag, in einem gediegenen Hafenrestaurant, anzustossen - ohne Kinder. 
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September – Dezember 2018
Da ich nicht mehr selber handschriftlich aktiv sein konnte und somit auch keine Unterschrift mehr geben konnte, hatte ich selber eine Vollmacht für Daniela erstellt, damit sie mich in rechtlichen Sachen vertreten konnte. Nach Rücksprache mit der Bank hatte ich erfahren, dass für die rechtlichen Geschäfte eine notariell beglaubigte Vollmacht benötigt würde. Im September war diese, nach zwei Emails und einer Sitzung mit dem Notar, fertig erstellt und Daniela konnte ab diesem Zeitpunkt alle notwendigen Unterschriften für mich rechtlich verbindlich tätigen.

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Januar – Februar 2019
Die Einschränkungen der Feinmotorik und Kraft in den Händen führten dazu, dass ich die Umweltkontrolle (kleine Fernbedienung mit Zahlentaste zur Bedienung des Lichts, Storen und Türen) nicht mehr bedienen konnte und eine andere Lösung nötig wurde. Im Februar stellte ich den Antrag an die IV für eine Umweltkontrolle über ein Handy, welches mit der Steuerung des Elektrorollstuhles verbunden war und mit dessen Joy Stick bedient werden konnte. 

Ich wurde Anfang Jahr von der ALS Schweiz angefragt, ob wir zu einem Interview für die Titelgeschichte des Jahresberichtes der ALS Schweiz 2018 bereit wären. Wir hatten dem zugestimmt und im Februar gab es zwei Termine. Einen für das Interview und Fotos bei uns zuhause und einen weiteren kurzen Termin an einer Volleyball Heimrunde, um ein paar Fotos im Zusammenhang mit unserem sportlichen Engagement zu machen. Hierbei durften wir uns über ein paar sehr gelungene Fotos freuen.  



April 2019 

Der "Grosse Moment" war gekommen, unsere ersten Flugferien mit dem Elektrorollstuhl führten uns nach Zypern. Wir hatten uns vorgängig schlau gemacht, welche europäischen Destinationen zu dieser Jahreszeit bereits Badeferien zulassen und gleichzeitig rollstuhlfreundlich sind. Zu unserem Erstaunen fanden wir im Internet ausführliche Informationen für barrierefreie Ferien in Zypern (www.visitcyprus.com).



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Juli 2019 

Wie jedes Jahr entführte uns der Sommer ins mediteriane Ambiente von Pinarella - Italien. Der Elektrorollstuhl hatte sich schon mehrfach bewährt, als Off-Road-Gefährt für Melissa und mich. Nun begann sich das Gefährt als Kindertransporter (Melissa und ihre Cousins) zu etablieren, quer durch den Pinienwald, wie auch auf den offiziellen Wegen. 
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August 2019

Dieses Jahr waren wir zum zweiten Mal mit dabei, als es hiess ALS Ferienwoche in Locarno. Wie schon letztes Jahr - wie auch all die anderen Jahre - war alles bestens für die verschiedenen Bedürfnisse der Teilnehmer organisiert und vorbereitet. 
Es war, wie immer, eine kurzweilige Woche mit gemeinsamen Ausflügen zu Wasser, zu Land und in der Höhe. 

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Dezember 2019
Anfang Dezember erhielt ich die Kostengutsprache für die Umweltsteuerung und die dazugehörigen Kommunikationsmittel. Die Umsetzung musste auf das neue Jahr terminiert werden.​​​​​​​​​​​​​​


Januar – Februar 2020
Mit Active Communication konnten wir vereinbaren, dass der erste Teil der Installation der Umweltsteuerung und der Kommunikationsgeräte vor unserer Asienreise gemacht werden konnte, damit ich diese mit auf die Reise nehmen konnte. 

Von Anfang Januar bis Anfang Februar machten wir zuerst einen zweiwöchigen Familienbesuch auf den Philippinen und im Anschluss zwei Wochen Badeferien in Thailand. Dies war unsere zweite Flugreise mit dem Elektrorollstuhl, die erste in Länder, deren Rollstuhlfreundlichkeit für mich noch eine Unsicherheit darstellte. 

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​​​​​​​In der letzten Ferienwoche erhielt ich einen Terminvorschlag für meinen vierwöchigen Aufenthalt im REHAB Basel. Somit trat ich drei Tage nach der Rückkehr aus Asien meine nächsten «Ferien» an. Dies war mein zweiter Aufenthalt im REHAB Basel, der dazu diente, die angewandten Therapien zu überprüfen und wenn nötig Anpassungen oder Ergänzungen einfliessen zu lassen. Nachdem ich das MTT Programm (medizinische Trainingstherapie) in der Hirslanden Klinik in 2017 eingestellt hatte, da die Weiterführung in Rücksprache mit der Physio nicht mehr sinnvoll erschien, hatte ich nun in der REHAB Basel wieder einmal nach längerer Zeit ein Fitnessprogramm. Dieses bestand nur noch aus 5 Übungen und der Transfer, sowie die Einstellungen an den Geräten, musste durch jemand anderen erfolgen. Der grosse Gewinn aus diesem Aufenthalt für mich persönlich war, dass dank des erneuten Fitnessprogrammes meine Rückenschmerzen weg waren, der Rücken und Nacken allgemein entspannter und dadurch auch das wenige Laufen, welches mir noch möglich war, besser und sicherer wurde. 

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März – Mai 2020
Zuhause angekommen, in bester körperlicher Verfassung, ging es darum, den geregelten Alltag wieder anzutreten und das neue Fitnessprogramm einzubauen. Leider verschärfte das aufgekommene Coronavirus die Situation derart, dass für Risikogruppen, zu welchen auch ich gehöre, eine Quarantäne notwendig wurde. Diese wurde von meiner Fachärztin etwas früher empfohlen, als die nachfolgende Empfehlung auf Bundesebene. Das Coronavirus greift hauptsächlich die Lungenfunktion an, was für mein Krankheitsbild ein ernstzunehmendes Risiko darstellt. Somit musste das neue Fitnessprogramm warten, bis die Lage ein solches wieder zuliess. Auch die bestehenden Therapien (Logo, Physio, Massage, Ergo) mussten daraufhin eingestellt werden, sowie der Einsatz der Assistenzpersonen und der Spitex vor Ort. Für Daniela bedeutete dies auch vorzeitige Homeoffice-Tätigkeit und für Melissa die Umstellung, dass sie weder den Besuch der Kita, Spielgruppe noch sonstigen Kontakt zu anderen Kindern pflegen konnte. Wir befanden uns in einer Art Hausarrest, mit regelmässigen Spaziergängen im Naherholungsgebiet hinter dem Haus. Dank dem, dass mein Pflegeaufwand noch überschaubar war, hielt sich die Belastung für Daniela in Grenzen. Hierzu hatten wir den Pflegeumfang/-Rhythmus der Situation angepasst. Einen Grosseinkauf pro Woche konnten wir mit einem Assistenten abdecken. 

Juni 2020
Bedingt durch die vom Bund gelockerten Verordnungen konnte ich wieder mit der Ergo, Physio und Massage beginnen, unter Einhaltung der Hygienebestimmungen. Auch alle unsere Assistenten/innen konnten wieder ihre Einsätze regulär aufnehmen.
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Juli 2020
​​​​​​​Die im März geplante Probe eines neuen Rollstuhles mit Kopfsteuerung hat aufgrund des Corona Lockdowns nicht stattfinden können. Nun, da die Bestimmungen gelockert wurden, konnten wir dies nachholen. Diese Kopfsteuerung funktioniert, wie der Name schon sagt, auf Basis der Bewegung des Kopfes. Man trägt eine Brille und bekommt auf das Brillenglas eine Anzeige projiziert, welche die Steuerfunktionen visualisiert. Als hilfreiche Erweiterung können mit der Brille Fotos gemacht werden. Die Handhabung der Steuerung ist zu Beginn etwas gewöhnungsberdürftig, funktioniert jedoch erstaunlich gut. 
Somit haben wir den Antrag für den neuen Rollstuhl mit der Kopfsteuerung ergänzt. Diesen Antrag haben wir eine Woche später eingereicht, nachdem ich das neue Rollstuhlmodell eine Woche lang testen konnte. 

Ich hätte nie gedacht, dass ich einen Besuch beim Coiffeur als Highlight empfinden würde. Doch die Quarantäne wegen Corona eröffnete ganz neue Erfahrungen, wodurch das Haareschneiden sich schon fast als befreiend hervortat. Es gab aber auch herausforderndere Situationen, wie beispielsweise die Entwicklung der Psyche, wenn italienisches Temperament, kindliche Energie und Bewegungsdrang und schweizerische Gelassenheit vier Monate im gleichen Raum interagieren. 


August 2020
Der grosse Tag war gekommen und Melissa konnte ihre ersten Erfahrungen im Schulwesen machen. Sie freute sich sehr auf ihren ersten Tag im Kindergarten, welchen sie auch mit viel Freude und schönen Erlebnissen geniessen konnte. 

Für Ende August hatten wir ursprünglich eine grosse Geburtstagsparty vorgesehen, da Melissa eine kleine 5 und ich eine grossen 5 (50) feiern konnten. Diese Doppelfünf hatten wir schon als Aufhänger vorgesehen und die Einladungskarten entsprechend vorbereitet. Aufgrund des Corona Lockdowns hatten wir in weiser Voraussicht den Druck der Einladungskarten zurückgehalten, denn nun war klar, dass dies leider nicht in geplanter Weise durchgeführt werden konnte. Stattdessen gab es eine kleine Feier mit Freunden, danach eine mit der Familie und zum Schluss einen kleinen Kindergeburtstag. 

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September 2020
Aufgrund der Situation mit Corona, konnten wir dieses Jahr zum ersten Mal die grossen Sommerferien in Pinarella - Italien nicht antreten. Da sich Corona nun ein wenig "beruhigt" hatte, entschieden wir uns zumindest ein verlängertes Wochenende in Pinarella zu verbringen. Als Unterstützung begleitete uns Danielas Mutter. Das Wetter war mild und wir konnten noch etwas Strand und Meer geniessen, sowie die heiss geliebten Piadina.   

Danach genoss Melissa noch eine Woche Ferien in Interlaken bei meiner Schwester und bescherte Daniela und mir ein paar "ruhigere" Tage. 


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Oktober 2020
In den letzten 6 Monaten war unser sozialer Kontakt gezwungener massen auf ein Minimum reduziert. Auch der Sport war davon betroffen, was vorallem bei mir für Unmut sorgte, da ich hierdurch nicht nur einen Spassfaktor verlor, sondern auch eine Beschäftigung. Doch mittlerweilen hatte sich wieder eine gewisse Normalität eingestellt und unser Volleyballtraining hatte den Betrieb wieder aufnehmen können. Unser traditionelles Trainingsweekend in Interlaken musste wohl noch aus Sicherheitsgründen abgesagt werden, konnte jedoch mit einem Trainingsweekend in Aarau kompensiert werden. Auch der Beginn der Meisterschaft lies meinen Tatendrang wieder Fahrt aufnehmen und ich konnte in der Arbeit der Videoanalyse und Statistikerfassung aufblühen.

Das Jahr 2020 darf für die Schweiz wohl als ein Jahr der "Arbeitsplatzmodernisierung" in die Geschichtsbücher eingehen, hatte die Pandemie doch dem Homeoffice und den Online-Videokonferenzen grossen Aufschwung beschert. Mit der wieder zunehmenden Ausbreitung von Corona, verschärften sich die Vorsichtsmassnahmen zunehmend und der geplante ALS Tag in Nottwil musste ins Technologiezeitalter überführt werden und fand mittels Videokonferenz statt.   


November 2020

Mitte November fand unser erstes Gespräch mit Donat Hofer statt, betreffend einer Dokumentation für das Schweizer Fernsehen. Im Vorfeld wurde ALS Schweiz kontaktiert, um zu erfahren, ob es Betroffene gibt, welche sich für eine Sendung zur Verfügung stellen würden. Bei der Anfrage vom Verein ALS Schweiz habe ich mein Interesse mitgeteilt.

Etwas später wurde ich von der Firma Mediafish (produziert Sendungen für SRF) kontaktiert, um einen Termin für ein telefonisches Interview zu vereinbaren. Unsere Geschichte hat dem Produzenten so gut gefallen, dass er die Idee für eine Dokumentation hatte, welche er dem Schweizer Fernsehen anbieten wollte.

Im Gespräch mit Donat wurde ein erster roter Faden aufgezeigt, welcher sich über einen Zeitraum von ca. einem halben Jahr durchziehen würde. Der Aufhänger würde die Beziehung zwischen Daniela und mir sein und wie sich diese mit der Diagnose ALS entwickelt. Aufgrund der nicht absehbaren Einschränkungen durch Corona war es schwierig, einen groben Terminplan für die Drehtage zu erstellen. Da sich beide Seiten als relativ flexibel und spontan zeigten, sollte dies zu meistern sein.

Kurz darauf konnte der lang ersehnte Startschuss für die Homepage erfolgen. Am 17. November 2020 ging meine Homepage my-als-life.ch online, zusammen mit dem neu erstellten Instagramm Account und einer neu erstellten Facebookseite unter dem Namen der Homepage. Ursprünglich hatte ich gehofft, dass ich diese zu meinem 50. Geburtstag aufschalten könnte. Aufgrund von Corona und der damit verbundenen viermonatigen Quarantäne für uns, hatte sich das Projekt ein wenig verzögert.

Ich habe mich sehr darüber gefreut, dass die Webseite rundum sehr guten Anklang gefunden hat.


Dezember 2020

Anfang Dezember gab es durch die IV eine telefonische Abklärung bezüglich meines Antrags «Rollstuhl mit Höhenlift». Ich erklärte, wie dies schon im Antrag begründet wurde, dass ein Höhenlift den Transfer in verschiedenen Situationen deutlich erleichtert. Dies wurde so auch akzeptiert und das Thema war für mich abgeschlossen…

Zwei Tage später stand der neue Elektrorollstuhl in der Türe. Der Rollstuhl wurde, wie besprochen, konfektioniert. Nun ging es noch um die Feineinstellungen und die bedürfnisspezifischen Ergänzungen/Anpassungen, welche in einer Pendenzenliste erfasst wurden. Am Folgetermin, eine Woche später, konnten erste Punkte abgearbeitet werden. Aufgrund der coronabedingten Einflüsse in der Werkstatt, verblieben ein paar Punkte, die im neuen Jahr abzuarbeiten sind.

Auf unbestimmte Zeit habe ich nun zwei Elektrorollstühle Zuhause, da noch die Umfeldsteuerung durch eine andere Firma transferiert werden muss. Diese Arbeit musste jedoch wegen Corona auf das kommende Jahr verschoben werden. Das bedeutet, dass ich in dieser Zeit weder das Handy noch die Storen, das Licht und die Türe bedienen kann. Für das Handy habe ich auf meinem PC eine App installiert, welche es mir erlaubt, dieses über den PC zu bedienen.

Mit dem Erhalt des neuen Elektrorollstuhls wurde auch der erste Drehtag für die Doku realisiert. So wurden einige Sequenzen der Übergabe des Rollstuhls aufgenommen, wie auch ein Interview mit Daniela und mir. Melissa hatte sich immer wieder gekonnt in Szene gesetzt, was der Spontanität aller Beteiligten keinen Abbruch tat und vor allem die Geduld von Simon (Kameramann) in keinster Weise strapazieren konnte.

Während den bisherigen Unternehmungen war es mir nicht möglich, Fotos oder Filme aufzunehmen. Gleichzeitig weckten die Action Cam Videos von Skateboardern, Mountainbikern und anderen «Verrückten» auf allen Arten von Fortbewegungsmitteln auf YouTube eine gewisse Faszination in mir, welche mich zu der Idee führte, das geht doch auch mit dem Elektrorollstuhl! Während den Sommerferien in Italien bin ich mit Melissa auf den ausgestreckten Beinen mit erhöhter Fussablage mit Vollgas (nur 10 km/h) quer durch den Pinienwald über Stock und Stein gerast. Bei Ausflügen bin ich auf unwegsamen Wanderwegen «gewandert» oder über die Wiesen und Hänge hochgefahren, mit Daniela, welche den Rollstuhl gegen Rückwärtskippen abgesichert hat.

Der von Donat eingereichte Vorschlag für eine Dokumentation wurde von SRF angenommen und diese entschieden sich für das Format «Reporter», mit einer Sendedauer von ca. 30 Minuten. Die Situation mit Corona hat sich wieder verschärft und führte zum Abbruch der Meisterschaft und des Trainingsbetriebes für unser Team. Somit musste die geplante Drehzeit im Rahmen unserer sportlichen Aktivitäten auf unbestimmte Zeit verschoben werden.  


Die diesjährige Weihnachtsfeier bedurfte ungewohnter Planung – weshalb? Wegen Corona natürlich!

Der Besuch bei den Schwiegereltern wurde diesmal ohne Übernachtung geplant. Die Schwester von Daniela, welche mit ihrer Familie in Deutschland wohnt, wusste bis kurz vor Heiligabend nicht, ob und unter welchen Voraussetzungen sie dieses Jahr zu Weihnachten vorbeikommen kann. Deutschland hatte die Regel aufgesetzt, dass eine Aus- und Wiedereinreise innerhalb von 24 Stunden ohne Konsequenzen möglich ist. Die Schweiz hatte entschieden, dass maximal 10 Personen, Kinder inklusive, zusammenkommen dürfen. Normalerweise sind wir vier Parteien, mit insgesamt 12 Personen, ungeplante Nachbarsbesuche nicht berücksichtigt. Alle diese Rahmenbedingungen mussten abgestimmt werden.

Die Planung war eigentlich gut vorbereitet, die Umsetzung wurde durch Überraschungen vom grünen in den dunkelgelben Bereich versetzt – aus Sicht eines augenzwinkernden Bundesrates.


Die aktuellen Coronarichtlinien (maximal 5 Personen) führten dazu, dass wir Silvester zu Dritt Zuhause feierten. Um ein angemessenes Silvesteressen geniessen zu können, haben wir, als Liebhaber von rohem Fisch, eine schöne grosse Sushi-Platte bestellt.

Bereits um 21.00 Uhr gingen die ersten Feuerwerke los und auch wir entschieden uns, zu diesem Zeitpunkt auf der Terrasse die Überbleibsel vom letzten Silvester dem Feuer zu übergeben. Zuerst ein paar Wunderkerzen, welche Melissa zuerst mit viel Begeisterung in der Luft umherschwang, dann das Interesse jedoch schnell verlor. Ihr Begeisterung stieg, als Daniela kleine Feuerräder anzündete und sich diese am Boden drehten. Das Highlight zum Schluss bildeten vier kleine Vulkane, welche aus Sicht von Melissa ihr Feuer und ihre Funken bis in den Nachthimmel spuckten.

Nach dieser aufregenden halben Stunde schlichen sich bei meinen zwei Frauen bereits erste Gähner ein. Für beide war es das erste Mal, dass sie sich an Silvester bereits um 22.00 Uhr in die Decken kuschelten. Wie üblich war dies für mich noch viel zu früh. Da es sich allein schlecht feiern lässt und ich «Dinner for one» bereits unzählige Male gesehen habe, entschied ich mich, mein erstes Silvester bei einem Glas Cola vor dem PC zu verbringen. Dies erlaubte mir eine grosse Eigenständigkeit zur Gestaltung meines Silvesterprogrammes. In meiner rechten Hand die PC Maus, zu meiner Linken einen Liter meines speziellen Cola-Wasser-Gemischs, mit Strohhalm – welcher nicht nur die Funktion der Flüssigkeitsaufnahme erfüllte, sondern sich auch zum Kratzen hervorragend eignet – und vor mir zwei Bildschirme auf welchem zu meiner Rechten ein Film lief und zu meiner Linken meine Erfolge als Fussballmanager im gleichnamigen  Spiel Gestalt annahmen. Diese Form des Multitasking, manchmal noch ergänzt mit Downloadarbeiten und ähnlichem im Hintergrund, dient mir seit dem Eintritt in den «Ruhestand» immer wieder als «komplexes Gehirnjogging», um dem ehemaligen Arbeitsambiente etwas Nähe abzugewinnen.