Flugreisen mit dem Elektrorollstuhl
Bei Reisen mit dem Flugzeug gibt es bereits zu Beginn der Reiseplanung ein paar Punkte zu beachten:
Für Personen, die wie ich, früher Reisen ohne Reisebüro geplant und gebucht haben, empfehle ich in der neuen Situation immer über ein Reisebüro zu buchen. Somit hat man einen Ansprechpartner, wenn irgend etwas unterwegs schief gehen sollte. Auch die Gewähr, dass alle Dienstleister den Anforderungen des Elektrorollstuhls Rechnung tragen, ist besser sichergestellt. Sollte dennoch etwas nicht passen, hat man das Reisebüro im Hintergrund, welches die notwendigen Umstände auf die eine oder andere Art (organisatorisch oder finanziell) löst.  
Wenn möglich sollte man die erste Sitzreihe nach den WC’s buchen, da diese sehr viel Beinfreiheit bieten. Dieser zusätzliche Platz ist äusserst wertvoll, da die unterstützenden Personen eine deutlich bessere und angenehmere Hilfestellung, in allen Situationen, bieten können, speziell beim Transfer oder WC Gang.
Sitzreihen mit einer Wand hinten dran sollte man meiden, da deren Rückenlehne oftmals eingeschränkte Rückstellung hat.
Meiner Meinung nach ist der Sitz im Gang der Beste, da dieser den einfachsten Transfer zulässt und zusätzlich die Beine zumindest zeitweise gestreckt werden können.

Wenn man beim Essen spezielle Anforderungen hat, gibt es zumindest bei den namhaften Airlines eine kleine Auswahl an Optionen, aus denen man wählen kann. Diese können mit einem Aufpreis verbunden sein. Diese Optionen können nach Buchung des Fluges auf der Website der Airline ausgewählt werden oder man klärt dies bei der Buchung mit dem Reisebüro.

Vor der Reise
Eine gute Vorbereitung hierzu ist zu empfehlen:
  • Wie und wo wird der Motor entkoppelt, damit der Rollstuhl von Hand geschoben werden kann?
  • Wie und wo werden die Batterien abgehängt, der Stromkreis unterbrochen?
  • Habe ich für meinen Elektrorollstuhl ein IATA-Zertifikat (Bescheinigung für die Flugsicherheit) vom Hersteller angefordert/erhalten? Ohne dieses können die notwendigen Sicherheitsnachweise ein Alptraum werden.
Diese Informationen müssen dem Flughafenpersonal gezeigt werden, damit das Personal den Elektrorollstuhl, unter Einhaltung der Sicherheitsvorschriften, korrekt verladen kann.
Das IATA-Zertifikat wird in der Regel bei oder kurz nach der Buchung des Fluges von der Airline/Reisebüro angefordert.
Ein Datenblatt mit den wichtigsten Informationen zu den Rollstühlen kann für das Reisebüro in der Planung hilfreich sein.  
Von den Airlines gibt es ein spezifisches Formular, wenn Hilfestellungen notwendig sind: Special Assistance Form SAF gemäss IATA Richtlinien.
Für das Reisebüro kann es hilfreich sein, wenn dieses Formular ausgefüllt verfügbar ist. Wenn während dem Flug medizinische Geräte wie Sauerstoff etc. notwendig sind, ist dieses Formular zwingend. In diesem Falle muss der Arzt auf dem Formular die Reisetauglichkeit bestätigen. Da dies sicher ein wenig Zeit beansprucht, sollte man frühzeitig mit dem Arzt Kontakt aufnehmen.
Das Formular ist in der Regel auf der Website der Airlines auffindbar, wenn man über die Suche «Special Assistance» eingibt. Auf diesem Wege findet man auch Airline-spezifische Informationen zum Reisen mit dem Rollstuhl. 

Pro Person im Rollstuhl kann man 2 Rollstühle kostenlos transportieren, 1x Elektro und 1x manuell.
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Um Platz und Gewicht im Reisegepäck einzusparen, habe ich das Ladegerät für den Elektrorollstuhl sowie Ersatzrollen vom Handrollstuhl in einer robusten Tasche fest am Elektrorollstuhl angebracht.
Da das Personal beim Ver- und Entladen nicht gerade zimperlich mit dem Rollstuhl umgeht, würde ich folgende Punkte beachten:
  • Kopfstütze soweit möglich einklappen
  • Alle vorstehenden Steuerelemente (Taster, Display etc.) entfernen und einpacken oder einklappen und so abdecken, dass sie gegen Schläge ein Minimum an Schutz haben.
  • Die Steuereinheit mit dem Joystick würde ich mit einem Sack einfassen und gut zubinden. Bei meinem ersten Flug hat nach der Landung der Joystickaufsatz gefehlt – ist zwar gutes Handtraining ohne Aufsatz zu steuern, aber nicht wirklich empfehlenswert. Eine Option wäre auch das Mitnehmen eines Ersatzes.
  • Die Steuerung für die Kopfsteuerung, welche in einer kleinen Tasche seitlich angehängt ist, würde ich auf die Sitzseite wechseln oder sehr gut gegen Schläge schützen.
  • In der angehängten Tasche würde ich für den Flug nur das Ladegerät und die Bedienungsanleitung, evtl. Ersatzteile wie Ersatzrollen vom Handrollstuhl, verstauen (Diebstahl).
  • Beim Handrollstuhl habe ich bei beiden Armlehnen auf der Innenseite eine deutliche Beschriftung angebracht «Private Property of Dennis Schneider». Dies habe ich seit meiner ersten Schiffsreise, da das Personal meinen Handrollstuhl in ihr eigenes Lager gestellt hatte.
  • In der Rückentasche des Handrollstuhles würde ich für die Reise alles herausnehmen, da diese Dinge auf dem gesamten Transportweg auf die eine oder andere Art «verloren» gehen.  

Am Flughafen
Für den Check-in mit dem Elektrorollstuhl sollte man unbedingt 30 Minuten zusätzlich einrechnen.
Der Elektrorollstuhl wird beim Check-in aufgegeben. Hierfür gibt es in wenigen Flughäfen spezielle Schalter. Zum Beispiel am Flughafen Kloten, im Terminal «Check-in 1», gegenüber dem Business/First Schalter.
Oft wird ein Rollstuhl vom Flughafen für die Zeit bis zum Boarding angeboten, damit der private Handrollstuhl auch gleich verladen werden kann. Ich rate unbedingt davon ab! Der Komfort ist in der Regel schlecht, in gewissen Ländern katastrophal für unser Krankheitsbild.

Folgende zwei Fragen werden normalerweise beim Check-in gestellt und wenn nicht, sollte man sie selbst thematisieren:
1. Wird für den Einstieg ins Flugzeug Hilfe benötigt?
Es gibt einen speziellen Rollstuhl (ein Sackkarren für Personen) der schmal genug ist, um den Gang im Flugzeug zu benutzen. Wenn man nicht mehr selbst gehen kann, wird dieser benötigt. Man setzt sich darauf, wird festgeschnallt und dann zum Platz gebracht. Je nach Bedarf wird man von einer oder zwei Personen gestützt oder gar in den Sitz gehievt. Wie sanft dieser Transfer vonstatten geht, ist sehr unterschiedlich. Deshalb empfehle ich, dass man selbst oder eine Begleitperson Inputs gibt, wie und wo gehalten werden kann/soll. Evtl. kann die Begleitperson mithelfen, da das Personal, nach meinen bisherigen Erfahrungen, keine/wenige Kenntnisse hat, wie eine Person transferiert wird. Ohne Anweisungen kann dies auch mal hart an die Schmerzgrenze gehen, wie ich selbst einmal erfahren musste.

2. Wird Hilfe benötigt, um zum Gate zu gelangen?
Dies gehört zum kostenlosen Service eines Flughafens.
Vorteil: Der Rollstuhl kann von einem Mitarbeiter des Flughafens gestossen werden, man kommt direkter und schneller durch die Kontrolle und wird direkt zum richtigen Gate begleitet.
Nachteil: Je nach Flughafen wird man unmittelbar auf direktem Weg zum Gate gebracht, unabhängig der Flugzeit oder man wird in einen Wartebereich für hilfsbedürftige Personen gebracht, um dort zu einer gegebenen Zeit (wird informiert) abgeholt zu werden. Diese Wartebereiche hatten bisher alle den Charakter und das Ambiente einer Bushaltestelle – also nicht so toll. Dieser Wartebereich kann verlassen werden. Es ist jedoch zu empfehlen, ca. 30 Minuten vor der Abholzeit dort zu sein. Zusätzlich empfehle ich auch die dort zuständigen Mitarbeiter zu informieren und allenfalls auch eine Rückkehrzeit zu vereinbaren.


Wenn man bei der Buchung/Check-in die Hilfestellung angemeldet hat, wird man auf sämtlichen Flügen abgeholt und begleitet.

Bei längeren Flugreisen sollte man vor dem Einsteigen nochmals auf die Toilette oder einen Urinbeutel im Einsatz haben. Wer auf dem Flug aufs WC muss, braucht hierfür die eigenen Beine. Dem Flugpersonal ist es nicht erlaubt, Hilfestellung fürs WC, die Essenseingabe oder bei der Verabreichung von Medikamenten oder Spritzen zu bieten.
  
Beim Boarding haben Rollstuhlfahrer Vortritt, d.h. man besteigt das Flugzeug gleichzeitig mit der 1. Klasse und Familien mit Kindern, vor den allgemeinen Passagieren. Deshalb sollte man lieber ein bisschen vor der offiziellen Boardingzeit bereit sein, um diesen Vorteil nicht zu verpassen. Normalerweise wird man auch hier von einem Flughafenmitarbeiter abgeholt und begleitet, wofür man sowieso eine bestimmte Uhrzeit vereinbart hat.  

Bei der Ankunft am Zielort verlässt man als Rollstuhlfahrer das Flugzeug als Letzter. Ein Handrollstuhl steht beim Verlassen des Flugzeugs bereit – im Idealfall der eigene. Ist es nicht der eigene Handrollstuhl, wird dieser bei der Gepäckausgabe auffindbar sein. Der Elektrorollstuhl ist normalerweise bei der Ausgabe für Sportgepäck (sperriges Gepäck). In Asien habe ich aber auch schon erlebt, dass der Elektrorollstuhl tatsächlich über das Gepäckband gebracht wurde oder gesucht werden musste. Hierfür kann wiederum der begleitende Flughafenmitarbeiter eine wertvolle Hilfestellung sein.

Wenn man nur mit einer Begleitperson reist, kann es eine Herausforderung sein, dass Gepäck mit dem zusätzlichen Handrollstuhl unkompliziert durch den Flughafen bis zum Transportmittel zu bringen. Je nach Land kann es sich lohnen, die Preise von reinem Taxiservice mit den Kosten für einen persönlichen Fahrdienst vergleicht. Der persönliche Fahrtdienst kommt im Flughafen soweit wie möglich entgegen, um zum frühst möglichen Zeitpunkt Unterstützung zu geben. Auch am Zielort bietet dieser Fahrtdienst deutlich mehr Unterstützung mit dem Gepäck als ein reiner Taxiservice.